Viele queere Menschen fühlen sich ständig als Außenseiter und berichten von abwertenden Kommentaren, Beleidigungen und sogar Angriffen bis hin zu Morddrohungen – sowohl im Internet als auch im realen Leben. So findet Janboris Ann-Kathrin Rätz – bekannt aus dem TV und als Moderator – nach eigener Darstellung auf den eigenen Social Media Accounts alle zehn Minuten „eine neue Ladung“ von Beleidigungen. „Ich schaffe es nicht mehr, da hinterherzukommen, anzuzeigen und zu melden, weil es zu viel ist.“
Beim jährlichen Fachgespräch des WEISSEN RINGS Rheinland-Pfalz in Mainz stand diesmal das Thema „Queere Opfer“ im Fokus. Dabei geht es oft um mehr als nur die akute Gewalt: Immer wieder bekomme Rätz das Gefühl vermittelt: Du gehörst nicht dazu, Du bist ein Problem. Dabei sei der Wunsch bei vielen stark, mitzumachen und mitzugestalten. „Ich bin nicht gut genug oder too much. Das ist es, was man mir häufig beigebracht hat“, berichtet Janboris Ann-Kathrin Rätz und beschreibt damit, wie tiefgreifend die Erfahrungen von Diskriminierung sein können. Auch „jedes Hinterherzischeln“ könne verletzend sein und die Lebensqualität stark beeinträchtigen.
(Foto: C.J. Ahlers) Janboris Ann-Kathrin Rätz berichtet der Gesprächsrunde von Erlebnissen.
Experten warnen vor einer steigenden Zahl an queerfeindlichen Übergriffen, wobei die erfassten Fallzahlen nur die Spitze des Eisbergs darstellen würden, denn „die Dunkelziffer liegt bei 90 Prozent oder mehr“, betont Janosch Littig von Die Grünen. „Das Internet ist nur der Brandbeschleuniger“ sagte der Landesbeauftrage für gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Geschlechtsidentität und ergänzte, dass es sich um eine „Radikalisierungsmaschine“ handelt.
Der WEISSE RING möchte sich dieser Thematik stellen und queeren Menschen, die von Gewalt betroffen sind, Unterstützung anbieten. Bisher würden sich nur selten queere Betroffene bei der Hilfsorganisation melden, berichtet der Jugendbeauftragte Constantin Rubel.
Der Verein sei sich bewusst, dass eine Sensibilisierung der Beratungsangebote und eine Diversität der Teams entscheidend sind, um Betroffenen einen sicheren und verständnisvollen Raum zu bieten, sagte die Landesvorsitzende des WEISSEN RINGS, Sabine Bätzing-Lichtenthäler. Aus dem Gespräch, das sie auch moderierte, nehme sie unter anderem mit, dass Organisationen und staatliche Stellen proaktiv Zeichen setzen und eine inklusive Sprache verwenden müssen, um queeren Menschen zu zeigen, dass sie ernst genommen werden.
Text: C. J. Ahlers mit Material der dpa